Nehmen Sie sich etwas Zeit...
Diese Seite richtet sich an alle, die zum ersten Mal den Entschluß gefaßt haben, sich ein japanisches Messer zu kaufen. Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit, den Ausführungen dieser Seite zu folgen und Sie werden festestellen, daß Ihre Entscheidung zugunsten eines japanischens Messers die richtige ist.
Zwei Dinge weiß jeder über diese Messer: Sie sind scharf und teuer! Richtig, sie sind schärfer als die meisten Messer in den Schubladen deutscher Küchen - aber warum? Und sind "Hochos" wirklich so teuer oder ist der Preisunterschied gerechtfertigt? Hier erfahren Sie, warum japanische Messer so scharf sind und ob der vergleichsweise geringe Mehrbetrag auf ein maschinell hergestelltes Küchenmesser aus Solingen gerechtfertigt ist.
"Hocho" nennen es die Japaner und es bedeutet "Kochmesser". "Wahocho" sind traditionell, in Handarbeit geschmiedete Einzelstücke. Jedes Wahocho ist ein echtes Stück Jahrhunderte alte, japanische Schmiedekunst. Dies gilt besonders für sogennate "Suminagashi-Wahocho". Hier zeigt der Schmied sein gesamtes Können. Handarbeit hat ihren Preis und ihre unbestreitbaren Vorteile! Aber zunächst ein wenig Hintergrundwissen zu Ihrem besseren Verständnis.
Über Eisen und Stahl
Roheisen: Das im Hochofen entstandene Roheisen ist als Werkstoff für eine Klinge nicht zu gebrauchen. Es hat einen sehr hohen Kohlenstoffgehalt von ca. 3% - 5% und enthält die unterschiedlichsten Verunreinigungen wie z.B. Mangan, Silizium, Phosphor und Schwefel. Alle Verunreinigungen bewirken, daß Roheisen nach Abkühlung spröde (brüchig) ist und weder schmiedbar noch schweißbar ist.
Stahl: Roheisen wird zu Stahl, indem der Kohlenstoffgehalt auf 2,06 % oder weniger gesenkt wird, sowie alle übrigen Verunreinigungen möglichst vollständig entfernt werden. Je reiner das Eisenerz und je vollständiger die unerwünschten Bestandteile entfernt werden können, desto hochwertiger ist das Endprodukt: Kohlenstoffstahl oder auch Karbonstahl genannt.
Ist der Stahl von hoher Reinheit und liegt der Kohlenstoffanteil zwischen 0,7 % und 1,5 %, so ist er sehr hart und ohne Erhitzen praktisch nicht verformbar. Mit abnehmendem Kohlenstoffgehalt wird Stahl weicher und läßt sich immer leichter verformen - Die Flexibilität nimmt zu.
Bei Stahlsorten können zwei Hauptgruppen unterscheiden werden: Karbon- und Edelstähle. Karbonstahl enthält keine Zusätze und ist nicht rostfrei. Werden diesem jedoch z.B. zum Zwecke der Rostfreiheit Metalle wie Chrom, Vanadium, Molybdän, u.ä. zugesetzt, entsteht Edelstahl.
Ein Kohlenstoffanteil von 1,0 % und mehr (max. 1,5 %) garantiert extreme Härte und damit lange Schnitthaltigkeit! Japanische Hocho-Meister erreichen mit Ihrer Schmiedekunst, daß sich beim Karbonstahl eine gleichmäßige und feinkörnige Gitterstruktur (Gefüge) aus Eisen- und Kohlenstoffatomen einstellt. Je feinkörniger das Gefüge, desto atemberaubender die Schärfe.
Die Zugabe von Chrom, Vanadium, Molybdän, o.ä., wie in den hierzulande gebräuchlichen, rostfreien "Solingen-Stählen" üblich, vergrößert die Oberfläche des einzelnen Korns. Die Feinkörnigkeit des Gefüges einer reinen, geschmiedeten Kohlenstoffstahl-Klinge ist nicht mehr gegeben. Das Ergebnis ist eine industriell hergestellte Messerklinge aus Edelstahl, die weder die Schärfe einer geschmiedeten Klinge aus Karbonstahl, noch deren Härte und damit Schnitthaltigkeit besitzt.
Härte und Schärfe, zwei Vorteile, die für die Verwendung von hochwertigem Karbonstahl sprechen. Es gibt auch Nachteile: Bedingt durch die extreme Härte, ist dieser Stahl sehr brüchig und er rostet, da er nicht legiert ist. Das Bestreben, die Vorteile zu nutzten und gleichzeitig die Nachteile zu beseitigen, führte zur Entwicklung der Zwei- bzw. Drei-Lagen- Stahl Klinge für japanische Kochmesser.
Die Klinge aus Drei-Lagen-Stahl:
Sie besteht aus einer mittleren, der sog. Schneidlage und zwei äußeren Schichten. Die Schneidlage ist idealerweise aus reinem, harten Kohlenstoffstahl gefertigt und sorgt so für Schärfe und Schnitthaltig- keit. Für die beiden äußeren Lagen wird elastischerer Stahl mit geringerem Kohlenstoffanteil verwendet. Sie besitzten eine höhere Flexibilität und verleihen der Schneidlage damit Stabilität sowie Bruchfestig- keit und schützen sie weitestgehend vor Rost. Die drei Lagen werden in der Holzkohlenglut zu einer Klinge feuerverschweißt. Der Anschliff erfolgt beidseitig, für Rechts- und Linkshänder.
Im Unterschied zur Drei-Lagen-Klinge fehlt ihr eine der äußeren Lagen. Welche, hängt davon ab, ob der Besitzter des Messers Rechts- oder Linkshänder ist. Dieser Klingentyp kommt vorzugsweise bei Messern in Yanagi-Form (Weidenblattform) zum Einsatz. Sie sind hierzulande als "Sushi-Messer" bekannt und ermöglichen ein absolut präzieses Filetieren und Aufschneiden von Fisch. Die "ungeschützte" Seite der Schneidlage erhält zur besseren Schärfbarkeit einen leichten Hohlschliff.
Zwei Lagen Stahl mit unterschiedlich hohem Kohlenstoffanteil werden feuerverschweißt, dann in die Breite geschmiedet, gefaltet und wieder in die Breite geschmiedet. Dieses Prozedere kann sehr oft wiederhohlt werden und ergibt das typische Wellenmuster, das bei Samuraischwertern leicht mehrere tausend Lagen erreichen kann. Diese Schmiedetechnik wird wird in Japan als "Suminagashi" bezeichnet. "Damast" oder "Damaszener" die europäische Bezeichnung für vielfaches Falten.
Der Klingenaufbau entspricht dem der Drei-Lagen-Klinge, jedoch sind die beiden Lagen zum Schutz der Schneidlage aus Suminagashi-Stahl. Dadurch wird zwar eine höhere Flexibilität und Bruchfestigkeit im Gegensatz zur "einfachen" Drei-Lagen-Klinge erreicht, die jedoch in der Praxis nicht spürbar sein dürfte. Der Schmied kann auf diese Weise sein Können unter Beweis stellen und schafft eine Klinge von hohem optischem Reiz. Bei gleicher Schneidlage steht die Drei-Lagen-Klinge der Suminagashi- Klinge bzgl. Schärfe und Schnitthaltigkeit in nichts nach.